Dias en masse scannen - irdische Motive
Ich halte im folgenden meine Erfahrungen mit einem Magazin-Scanner und einer passenden Software fest. Vielleicht erspart Ihnen das die eine oder andere zeitaufwändige Sackgasse. Alle Angaben sind subjektiv und ohne Gewähr.
Wie rettet man große Mengen an Dias?
In den Achtziger- und Neunzigerjahren habe ich ausgedehnte Reisen unternommen, Reisevorträge gehalten und entsprechend viel fotografiert. Doch wie bringt man 6.500 Dias ins digitale Zeitalter - ohne damit bis ans Ende seiner Tage beschäftigt zu sein?
- Firmen, die die Digitalisierung übernehmen, gibt es. Preis: etwa 10 bis 50 Cent pro Dia. Die Preise variieren je nach Firma, Scan-Auflösung und Zusatzleistungen
- Dia-Scanner für den Handbetrieb (da muss man die Dias einzeln hinein stecken oder in geringer Anzahl drauf legen): Solche Geräte werden noch gebaut
- Magazin-Scanner, die gleich ein ganzes Magazin abarbeiten: Sie sind meines Wissens nach nur noch gebraucht erhältlich
- Neu produzierte Geräte mit Magazinbetrieb: Fotografieren die Dias, soweit mir bekannt, bloß ab, anstatt sie zu scannen. Nichts desto trotz sind sie sehr teuer
- Einzeldia-Kopiervorsatz: Der besteht aus einer Steulichtscheibe, einem Film/Dia-Halter, eine stark abgeblendeten Linse, einem Tubus, und einem T2-Gewinde. Über einen passendem Adapter lässt sich die eigene DSLR anschließen

Jetzt aber wirklich!
Wird man älter, verlaufen Pläne häufiger im Sand - so Pink Floyd im legendären Song "Time" (LP: "Dark Side of the Moon"; Artikel). Das mag auch beim immer wieder aufgeschobenen Projekt "Dias digitalisieren" geschehen, wenn man's nicht anpackt.
Ich besitze einen Einzeldia-Kopiervorsatz. Für astronomische Sternfeldaufnahmen ist er vermutlich noch immer eine gute Lösung. Doch für tausende irdische Fotos blieb für mich letztlich nur der Kauf eines alten, gebrauchten Magazin-Scanners. Da weiß man natürlich nicht, wieviele tausend Scan-Vorgänge er bereits hinter sich hat - und ob er noch mehrere tausend durchhalten wird. Schließlich ist in so einem Gerät nicht nur Elektronik, sondern auch viel Mechanik verbaut.

Ich konnte einen gebrauchten, augenscheinlich gut erhaltenen Reflecta DigitDia 5000 um 500 Euro erstehen: ein Magazin-Scanner mit nominal 3.600 dpi Auflösung, 48 Bit Farbtiefe und ICE-Staubentfernung.

Nichts fürs Schlafzimmer
Der Dia-Scanner benötigt eine eigene Stromversorgung und ist mittels USB 2.0 an den PC angebunden (siehe auch weiter unten). Sein Betriebsgeräusch ist nichts fürs Schlafzimmer. Im Betrieb braucht er außerdem mehr Platz, als seine Größe ahnen lässt: Der Schubarm braucht seitlich Raum, wenn immer er die Dias ins Magazin zurück befördern will. Das Dia-Magazin ragt zunächst hinten, dann vorne über das Gehäuse hinaus. All das muss man beim Aufstellen beachten.
Erfahrungen mit VueScan
Erste Hürde war das Zusammenspiel der alten beigelegten CyberView X Software (inklusive Scanner-Treiber) mit dem Betriebssystem (Win 10 Home Edition, 64 Bit). Als ich die aktuelle CyberView-Version zum Laufen brachte, hatte ich bereits das Programm VueScan 9x64 von www.hamrick.com angeschafft. Preis: um 100 Euro. Ich habe den Kauf nicht bereut. VueScan kann übrigens auch den Flachbrett-Scanner ansteuern, wenn man z.B. Abzüge digitalisieren will.

Falls VueScan den Scanner nicht gleich erkennt ("Der Scanner ist nicht bereit. Legen Sie einen Film in den Scanner ein"), warte ich ein oder zwei Minuten. Ansonsten komme ich eventuell mit einem Neustart der Software und/oder des Scanners weiter. Im schlimmsten Fall hilft der seit 30 Jahren bewährte Geheimtipp des PC-Gurus: Aussteigen, einsteigen. Also Neustart von PC und Scanner. Solche Probleme können auch auf eine Beschädigung des USB-Kabels hinweisen.

Der Scanner benötigt etwa 3 Stunden pro Magazin. An einem Vormittag oder einem Fernsehabend kann ich also jeweils 50 Dias scannen - anfangs ging das weitgehend ohne händischen Eingriff in den gestarteten Scan-Vorgang.
Meine selbstgerahmten Dias stecken grundsätzlich in ausgezeichneten Plastikrahmen und die wiederum in Universal-Magazinen. Wenn es hakt, dann meist am Beginn eines Magazins. In diesem Fall hilft mir das Umfüllen der Dias in ein anderes Magazin, mit dem es schon geklappt hat. Da ich 5 oder 6 Dias gleichzeitig umstecken kann, ohne alles zu verschütten, geht das recht flott.
Diese Magazine besitzen tastbare Erhöhungen oben an den Plastikstegen, zwischen denen die Dias sitzen - sowohl auf der Seite mit den Nummern als auch gegenüber. An den Erhebungen gegenüber sitzt der Arm des Scanners mittlerweile häufiger auf. Womöglich ist das eine Abnützungserscheinung. Ich fülle meine Dias dann in jene Magazine um, bei denen diese Erhebungen spürbar kleiner ausgefallen sind.

Ich nenne hier ein paar Beispiele für Einstellungen, die sich bei mir bewährt haben. Bitte nehmen Sie diese nur zur Orientierung. Es ist durchaus möglich, dass Sie bessere Einstellungen finden! Alle Angaben ohne Gewähr.
ICE muss kein Zug sein
Meine Magazine waren staubdicht in einem Schrank verwahrt, dessen Ritzen innen mit Bordürenresten "abgedichtet" waren. Dieser kleinere Schrank stand wiederum in einem größeren Schrank, in dem allerdings auch Schmutzwäsche, Rucksäcke und andere Wanderutensilien Platz fanden.
Meine Magazine waren staubdicht in einem Schrank verwahrt, dessen Ritzen innen mit Bordürenresten "abgedichtet" waren. Dieser kleinere Schrank stand wiederum in einem größeren Schrank, in dem allerdings auch Schmutzwäsche, Rucksäcke und andere Wanderutensilien Platz fanden.
Tatsächlich erwies sich Staub - sicher auch dank des aktivierten ICE - als vernachlässigbares Problem. ICE scannt mit IR. Es kann Staub erkennen und wegrechnen.
Hohe Qualität
Weil ich mir so ein Großprojekt nicht zweimal antue, scanne ich mit den fast bestmöglichen Einstellungen: Allerdings mit JPEGs, nicht mit dem (sicher besseren TIFF-Format). 48 Bit Farbtiefe, 3.600 dpi Auflösung, beste JPEG-Qualität.

Blau, Magenta & Co - Farbstiche zum Abwinken
Was mich allerdings schockiert hat, ist der Alterungszustand der Dias. Die drei Farbschichten der Positive verblassen unterschiedlich rasch. Es scheint, als würde jede Schicht mittlerweile eine andere Gradiationskurve besitzen. Mitunter dominieren Blau oder Magenta ganz extrem, während Gelb oder Grün fast wie verschwunden scheinen.
Diese Farbstiche variieren nicht nur von Filmtyp zu Filmtyp, sondern mitunter auch von Filmexemplar zu Filmexemplar. Und weil bei 50 Dias pro Magazin mindestens zwei Filmexemplare zum Einsatz kamen, mag sich der Farbstich sogar innerhalb eines Magazins ändern.
Geringfügige Farbstiche lassen sich in der Nachbarbeitung korrigieren, gravierende nach meiner bisherigen Erfahrung aber nicht. Da ärgere ich mich grün und blau - oder eben magentafarbig.
Einzige Abhilfe: Immer wieder Probe-Scans machen und nach Einstellungen suchen, die den aktuellen Farbstich möglichst gleich beim Scannen eliminieren. Andersfalls muss ich den weiteren Scan vergessen - oder besser: wiederholen. Ich kann es nicht genug betonen: Die korrekt ermittelten Einstellungen schon beim Scannen sind für mich entscheidend.


Anfangs habe ich "Ausbleichung beheben" deaktiviert, weil einige Scans damit völlig aus dem Ruder gerieten. Mittlerweile lasse ich diese Funktion aber aktiviert. Sie schenkte z.B. algerischem Wüstensand seinen realistischen beige-gelben Farbton. Ansonsten wurde er trotz manuellem Gegensteuern magentafarbig. Siehe Foto unten.
Wie VueScan im im Firmen-Blog schreibt, will es hier künstliche Intelligenz einsetzen. Um das Modell zu verbessern, kann ein Vorschaubild niedriger Auflösung zum VueScan-Server gesandt und danach analysiert werden.
Achtung: Die genannte Funktion bzw. der Weißausgleich können irritiert werden, wenn die Ausschnittsgröße im Reiter "Zuschnitt" auf "Manuell" steht. Offenbar werden dann auch nicht zum Bild gehörende Teile des Scans in Berechnung der Korrekturen mit einbezogen.

So stelle ich ein
So geht die Farbanpassung in VueScan für mich am einfachsten:
- Serien-Scan ausschalten
- Ein neues Bild im Vorschau-Modus scannen
Reiter Farbe:
- Farbbalance auf "Weißabgleich" stellen
- Im Vorschau-Fenster Farbeinstellungen verändern. Resultat wird live angezeigt
- Wahlweise mit den horizontalen (blauen) Reglern
- oder mit den kleinen, vertikal angeordneten Schaltflächen rechts davon
- oder durch Eintippen der Zahlen
Und nächstes. Einen Kompromiss für alle finden. Dann:
- Aktuelle Einstellungen über Menü "Datei" ... sichern
- Serien-Scan anschalten und weitere Bilder mit obigen Einstellungen scannen
- Immer wieder prüfen, ob die neuen Einstellungen weiterhin passen.
- Falls ja, weiterscannen. Falls nein, zurück zu "So stelle ich ein".

Ich nenne hier ein paar Beispiele für Einstellungen, die sich bei mir bewährt haben. Bitte nehmen Sie diese nur zur Orientierung. Es ist durchaus möglich, dass Sie bessere Einstellungen finden! Alle Angaben ohne Gewähr.
Meine weiteren Einstellungen zum Magazin-Scannen
Reiter Zuschnitt:
Rand (%): -1,00 - um Ränder zu eliminieren.
Dieser Wert kann randnahe Objekte aber beschneiden
Reiter Ergebnis:
- Standardordner zur Scanablage definieren (muss bereits existieren)
- JPEG-Datei ankreuzen (wahlweise auch TIFF)
- JPEG-Verkleinerung: 1
- JPEG-Qualität: 100

Einstellungen abspeichern
Aber Achtung: Klickt man die Bildchen in der vertikalen Vorschauleiste rechts am Bildschirm an, können sich die neuen Einstellungen auch wieder rückstellen, da die alten Scans offenbar mit den ursprünglichen Einstellungen verknüpft sind.
Auch deshalb speichere ich bewährte Einstellungen unter einem aussagekräftigem Namen ab (Region, Stadt, Magazinnummer ...). Sollte ich die Einstellungen im Verlauf des Scannens kurzfristig ändern müssen, kann ich später wieder leicht zu diesem schon zuvor bewährten Set zurückkehren.
Ergebnis
Die Bilder können automatisch nummeriert werden ("+"). Man sollte während des Scans daher keine Bilder aus dem Zielordner löschen, weil neu gescannte Bilder sonst die frei gewordenen Nummern besetzen. Die chronologische Ordnung gerät dann durcheinander.
Nochmals sei betont: Der in VueScan definierte Ordner muss bereits existieren. Sonst landen die Bilder anderswo!
Ordner und Speicherbedarf
Bei der maximal möglichen Auflösung liegt die Dateigröße für ein unbearbeitetes Dia im jpg-Format bei knapp 20 MB. Das wären bei 1.000 Dias also rund 20 GB. Alternativ lassen sich die Scans auch als tif abspeichern, mit entsprechend höherem Platzbedarf.
- Ich habe eine Verknüpfung auf den Ordner mit den Scans angelegt und überprüfe diesen ständig - damit systematische Farbprobleme rasch auffallen
- Die häufige Sicherung der Scans auf auf einem weiteren Datenträger versteht sich bei einem solchen Mammutprojekt von selbst
- Nach Möglichkeit wird man die Original-Scans unverändert aufbewahren, und bloß Kopien davon weiter bearbeiten.
Problem: Verdrilltes USB-Kabel
Nach 3.000 Scans war dann vorerst Schluss: Der Scanner wurde von Windows erkannt, schob das Magazin vor und zurück, wollte aber keine Scans mehr an den PC senden. VueScan hängte sich immer wieder auf. Ich dachte schon, das war's nun mit dem Gerät. Aus, vorbei!
Bei meinem ferngesteuerten Teleskop hatte sich einmal ein verdrilltes USB-Verlängerungskabel als Fehlerquelle entpuppt und auch für häufigen Absturz der Steuersoftware gesorgt: Daher schloss ich den Scanner mit einem anderen USB-Kabel und direkt an den PC an - und siehe da, er funktionierte wieder.
Kabel können verdrillen und leiten Signale schließlich nicht mehr weiter. Ursache mag häufiges Aufwickeln sein oder aber Draufsteigen, wie es gerade bei improvisierter Aufstellung des Scanners passiert. Bevor man die Flinte ins Korn wirft: Einfach einmal das USB-Kabel tauschen!

Nachbearbeitung jedenfalls nötig
Bei der Nachbearbeitung werden die Meinungen stark auseinander gehen. Wer bei 6.500 Dias nun Photoshop oder eine ähnlich komplexe Bildbearbeitung einsetzen möchte, dem sei gratuliert. Ich will es bequemer.
Nach etlichen Tests habe ich 1.500 Dia-Scans schließlich mit der koststenlosen Software JPG-Illuminator bearbeitet. Sie kann Schatten, Mitten und Lichter getrennt aufhellen, was hier wirklich Sinn macht.
Vor allem aber bietet sie einen vernünftigen Weißausgleich an, sofern sich Grautöne im Bild identifizieren lassen - seither liebe ich asphaltierte Straßen. Ist kein Grau im Bild zu sehen, kann es helfen, auf die Korrekturwerte eines anderen Bilds kurz davor zurück zu greifen.
Mit den Reglern für die drei Grundfarben arbeite ich weiter. Häufig im Gebrauch stehen die Belichtungskorrektur, der Aufheller für die Schatten und mitunter der Regler für die Farbsättigung.
Das fertige Bild wird unter einem Dateinamen mit dem Zusatz _ji abgespeichert (Umschalttaste + s). Die bearbeiteten Varianten sind also leicht zu erkennen, das Original bleibt erhalten. Das nächste Bild im Ordner wird mit der Taste F9 ins Programm geholt.
Auf diese Weise beträgt der Zeitaufwand pro Bildbearbeitung etwa eine halbe Minute. Bei Problembildern wird es länger dauern.

Resümee nach mittlerweile 3.0000 Scans
Die ersten 1.500 Scans liefen - von den genannten Farbstichen abgesehen - ganz ordentlich. Allerdings verhakte sich der Dia-Einschubarm zunehmend häufiger am Magazinbeginn; sogar bei Magazinen, die zuvor schon tadellos gelaufen waren.
Schließlich verhakte sich der Arm komplett, saß eingezogen fest. Ein kleiner schwarzer Plastikteil mit Feder kam mir entgegen. Auch der Einzeldiaschacht sprang nicht mehr hoch. Ohne auf die Details eingehen zu wollen: Es gelang es mir letztlich, den Arm zu befreien. Das Gerät scant wieder aus dem Magazin; der Einzeldiaschacht funktioniert auch noch. Der schwarze Teil mit Feder liegt funktionslos auf dem Schreibtisch.
Mehrere Magazine musste ich zweimal scannen, weil ich nach dem ersten Scan passendere Farb- bzw. Helligkeitseinstellungen fand.
Ich hätte besser früher angefangen, als die Farben der Dias noch nicht so erodiert waren. In Zukunft wird das Digitalisieren wohl noch schwieriger, zumal wirkliche Dia-Scanner langsam wohl auch vom Gebrauchtmarkt verschwinden werden.
Auf Second-Hand-Börsen werden übrigens verschiedene Geräte als "Dia-Scanner" angeboten - inklusive ganz normaler Diaprojektoren. So mancher Anbieter scheint die Begriffe durcheinander zu bringen.
Alle Angaben ohne Gewähr