Fotografie der Mondoberfläche im Detail - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Detailfotografie der Mondlandschaften
Die Strategie ähnelt hier jener, die man auch bei der hochauflösenden Planetenfotografie wählt. Meine Tipps sind daher über weite Strecken ident. Allerdings sind bei einigen Schritten auch Abweichungen nötig.  

Eigentlich fotografiert man Details auf dem Mond gar nicht - man filmt sie. Damit lassen sich bildverschlechternde Faktoren wie die Luftunruhe (hier näheres zum Thema Seeing) und das Rauschen des Kamerasensors mindern.
Vorbereitung sinnvoll
Astronomische Objekte fotografiert man nach Möglichkeit zum Zeitpunkt ihrer Kulmination, also ihres Hochststands im Süden. Bei niedrigem Stand wird die Bildqualität nämlich von der dann stärkeren Luftunruhe gemindert. Eine Prognose der Luftunruhe ("Seeing" genannt) liefert die Website Meteoblue, die Ihren Standort zu erkennen versucht. Ein Seeing um 1.0 Bogensekunden (Spalte "arc sec.") wäre ideal.



Den Zeitpunkt der Kulmination nennt unter anderem die ausgezeichnete und vielseitige Astro-Software Guide. Sie zeigt auch viele Details auf der Mondkugel - wie hier z.B. den Krater Schiller. Ihn werden wir nun fotografieren.


Wer sich speziell dem Mond widmen will, installiert den Virtual Moon Atlas (Freeware; Beispiel links). Gelegentlich wird man auch eine Panoramasoftware wie ICE benötigen.
Aufnahmegeräte

Als Kameras dienen gern preiswertere Webcams wie die z.B. Philips SPC 900NC (rechts) oder die spezialisierte NexImage 5 (links) bzw. NexImage 10 von Celestron. Zur Steuerung gibt es kostenlose Programme.
Solche Cams werden anstatt des Okulars in den Okularauszug des Teleskops gesteckt. In meinem Fall ist das ein LX90 von Meade.
Filter
Solche Kameras sind oft auch im Ultraviolett und Infrarot empfindlich. Das kann speziell bei Linsenfernrohren zu Problemen führen - aber auch bei Spiegelteleskopen, wenn sich eine brennweitenverlängernde Barlowlinse im Strahlengang befindet. Daher schraubt man ein UV/IR-Sperrfilter vor die Kamera. Es hält, ganz nebenbei, auch Staub vom Sensor fern.

Die Luftunruhe lässt sich mit dem Einsatz eines Rotfilters (z.B. Nr. 25 oder Baader Long-Pass) reduzieren.
Fokussieren
Vor der Aufnahme muss man peinlich genau scharfstellen. Man orientiert sich dabei zumeist an kleinen Details, die offenbar nur bei perfekter Scharfstellung sichtbar werden - z.B. winzige Sekundärkrater. Mit der Hand geht das Fokussieren schlecht, weil jede Erschütterung das Bild wanken lässt. Ein wackliges Bild kann man auf dem Computermonitor aber nicht auf seine Schärfe hin beurteilen. Ich empfehle daher elektrische Fokussierer.

Der nachträglich gekaufte Meade-Fokussiermotor erfüllt diesen Zweck. Er funktioniert analog und wird von einer speziellen Handbox aus gesteuert. Ein selbstgebauter analog-digital-Wandler erlaubt mir aber sogar den Anschluss ans Notebook.
Binning
Beim Binning werden jeweils mehrere benachbarte Pixel zusammengefasst. Das resultierende Bildfeld ist entsprechend größer, das Bild wird heller, aber gleichzeitig sinkt die Auflösung. Ich verwende das 4-fache Binning gern zum Wiederauffinden von Mondkratern, die aus dem Bildfeld gerutscht sind. Sind sie zentriert, geht es ohne Binning weiter.
Gain
Die Software zur Kamerasteuerung gestattet es meist, das sogenannte Gain einzustellen. Diese elektronische Vorverstärkung dient bei digitalen Spiegelreflexkameras dazu, die Empfindlichkeit (ISO) zu regeln. Ein höheres Gain verstärkt das Bildrauschen.
Belichtungszeit
Bestimmend für die Belichtungszeit ist nicht die in astronomischen Büchern angegebene Gesamthelligkeit eines Objekts, sondern dessen Helligkeit pro Flächeneinheit: Der Mond ist ein relativ helles Objekt.

Sieht man von Merkur und Venus ab, strahlt seine Oberfläche pro Flächeneinheit stärker als die der anderen Planeten. Das erlaubt relativ kurze Belichtungszeiten, die wiederum helfen, die Folgen der Luftunruhe gering zu halten. Weil die Luftunruhe bei niedrigem Stand am Himmel größer wird, wird man vor allem dann filmen, wenn der Mond möglichst hoch am Himmel steht.

Während man speziell beim Jupiter satt belichtet, um die sogenannten "Zwiebelringe" zu vermeiden, belichtet man Mondfotos eher knapp: Die hellsten Kraterwälle sollten jetzt keinesfalls überbelichtet werden. Die bearbeiteten Fotos tendieren dazu, heller zu werden: Und weiße Flächen ohne interne Strukturen muten auf den fertigen Fotos höchst unschön an.
Frame-Rate
Von der Belichtungszeit abhängig ist die Frame-Rate, also die Anzahl der Einzelbelichtungen pro Sekunde (FPS). Man strebt hier ebenfalls hohe Werte an. Die Frame-Rate ist aber immer geringer als die Belichtungszeit. Belichtet man 1/50 sec, wird man also kaum mehr als 40 Frames pro Sekunde schaffen (nach jeder Belichtung muss der CCD-Chip ausgelesen und das Ergebnis an den Computer übertragen werden; auch das dauert seine Zeit).
Frame-Anzahl bzw. Filmlänge
Die Bildqualität steigt mit der Anzahl der gewonnenen Frames. Es sollten mehrere tausend pro avi sein. Beim Mond kann man mehrere Minuten lang filmen. Das Fortschreiten des Mondterminators während dieser Zeit stört nicht: Es macht sich bei einer angestrebten Fotoauflösung von 1" frühestens nach 7 Minuten bemerkbar. Strebt man eine Auflösung von 0,5" an, lässt sich immerhin noch 3,5 Minuten lang filmen (Werte grafisch ermittelt mit Guide 9.0 für die Mitte der Mondscheibe).

Wer eine alt-azimutale Montierung verwendet, muss eine langsame Drehung des Bildfelds in Kauf nehmen. Man trickst sie am einfachsten aus, wenn man um den Zeitpunkt der sogenannten Kulmination des Objekts (entspricht auch dem Höchststand im Süden) filmt.
Korrektur der Nachführung
Beim Filmen muss das Teleskop nachgeführt werden. Aber auch bei nicht optimaler Nachführung droht die gefilmte Mondregion schnell aus dem Bildfeld zu wandern. In diesem Fall hält man die Aufnahme rechtzeitig mit der Pausetaste an, bringt sie mittels der Teleskopsteuerung wieder an die ursprüngliche Position und setzt das Recording fort. Alternativ kann man auch während des Filmens korrigieren - mit kleinstmöglichem Tempo.
Probleme mit dem avi?
Manchmal lassen sich die resultierenden Videos nicht weiterverarbeiten. Das kann am falschen Codex liegen oder an Überlänge. Ich rufe die Videos dann mit VirtualDub auf. Liegt es am Codex, hilft oft der simple VirtualDub-Befehl "Speichern als avi". Sind die Filme zu lang geraten, schneide ich sie mit dieser Software zu.
Doppelt hält besser
Derart erstellte avis umfassen häufig 5 bis 10 Gigabyte. Der Platzbedarf steigt mit der Zahl der Frames. Vor allem auf Notebooks wird er schnell knapp. Dennoch empfehle ich, mindestens zwei avis pro Objekt anzufertigen. So haben Sie eines in Reserve, falls das andere durch ein technisches Problem unbrauchbar werden sollte. So etwas passiert immer wieder. Falls Sie beim Fokussieren unsicher sein sollten, stellen Sie am besten bei jedem avi neu scharf. Das erhöht die Chance auf zumindest 1 optimales Ergebnis.
Vor dem Stacking - bei Bedarf
Unruhige Videos kann man vor dem Stacken mit PIPP beruhigen. Es sind damit noch viele weitere Pre-Stacking-Manipulationen möglich, wie etwa das automatische Aussortieren überbelichteter Frames, das Zentrieren der abgelichteten Details in der Bildmitte oder das Zusammenhängen mehrerer Videos.

Manchmal will die Stacking-Software eine avi-Datei nicht akzeptieren. Man kann dann versuchen, diese mit der Software VirtualDub zu öffnen und sie dann neu als avi abzuspeichern. In jedem Fall lassen sich damit Videos zuschneiden.
Stacking

Im folgenden beschreibe ich das Stacking mit der Software AutoStackert. Alternativ mag man die ebenfalls kostenlosen Stacking-Programme Avistack oder Registax versuchen.
Ein Einzelbild aus einem avi ist völlig verrauscht. Stacking-Software wie Autostackert legt die Frames gleichsam übereinander und erstellt so ein rauscharmes Bild.
Im Gegensatz zur Planetenfotografie oder den Mondübersichtsfotos wählt man hier die Stabilisationsmethode Surface (und Improved Tracking).
Schließlich muss man auf einem qualitativ möglichst guten Frame zunächst Alignment Points definieren - am einfachsten, man drückt dazu die Taste "Grid" (links ein Ausschnitt aus dem Bild)
Dann wird das avi von der Software analysiert. Sie erkennt, welche Bilder gut sind, und welche von der Luftunruhe deformiert wurden. Man legt anschließend fest, wo die rote Linie gezogen werden soll. Entscheidet man sich z.B. für 33 Prozent, wird nur das beste Drittel aller Frames für das Stacking verwendet.
Nach erfolgtem Stacking liegt ein etwas milchig anmutendes Summenbild vor. Es ist zwar nicht mehr verrauscht, doch dafür mangelt es ihm an Schärfe.

Im folgenden geht es vor allem darum, dieses Bild zu schärfen.
Schärfen usw.
Jetzt kommt z.B. Registax zum Einsatz. Auch diese kostenlose Software kann Stacken. Wir verwenden hier aber andere Funktionen. Dazu ziehen wir das Summenbild ins geöffnete Programmfenster. Seit Anfang 2023 existiert mit WaveSharp (Download) eine Alternative zu Registax.

RGB-Align
Unsere Lufthülle bricht das Licht der Himmelskörper ein wenig nach oben. Je tiefer sie über dem Horizont stehen, desto ausgeprägter der Effekt. Dabei ist es wie beim Prisma: Blaues Licht wird stärker gebrochen als rotes. Bei hoher Vergrößerung zeigen die Planeten daher unten einen roten, oben einen blauen Rand.

Mit der Funktion RGB-Align bringen wir verschobene Lichtanteile zur Deckung. Wir ziehen eine grüne Box um das Objekt und wählen dann "Estimate". Eventuell bessern wir nach.
In Autostakkert lässt sich diese Funktion bereits einstellen. Dann erspart man sich diesen Schritt in Registax. Noch besser ist es, die Farbanteile schon vor Erreichen der Kamera zur Deckung zu bringen. Diesem Zweck dient ein Atmospheric Dispersion Corrector.
Helligkeit und Kontrast
Bei der Mondfotografie sind die Kontraste meist von haushaus sehr stark. Man wird sich dennoch an den Reglern für Helligkeit und Kontrast versuchen. Schatten sollten möglichst schwarz, Lichter aber keinesfalls "ausgebrannt" wirken: Entstehen Flächen ohne interne Strukturen, hat man es übertrieben.

Vorsicht: Das folgende Nachschärfen tendiert dazu, helle Details noch heller zu machen.
Schärfen
Das eigentliche Highlight von Registax ist die ausgeklügelte Schärfefunktion. Die Regler schärfen, von oben nach unten, immer größere Details. In dieser Reihenfolge zieht man sie nach rechts.

Dabei entstehen Artifakte, die man durch die Erhöhung des Wertes "Denois" (Pfeil) wieder reduziert. Oft reicht dazu die Denoise-Box über dem ersten Schärferegler.
Je mehr Frames für das Summenbild ausgewählt wurden, desto stärker wird man in der Regel nachschärfen können. Ziel ist ein Bild mit vielen klar umrissenen Details - ohne Spuren von Rauschen bzw. "Körnung".
Farbe oder schwarzweiß?
Eingefleischte Fotografen ziehen oft Schwarzweißkameras vor, der höheren Auflösung wegen. Bei den meist farblosen Mondlandschaften reichen SW-Aufnahmen völlig. Wer mag, kann den fertigen, grauen Fotos einen zarten Hauch von Gelb (Foto links) oder Blau (Foto rechts) verpassen.
Ein Mondmosaik
Ist das Bildfeld der Kamera zu klein, um die gewünschte Mondregion abzubilden, erstellt man Mosaike. Man filmt also benachbarte Gebiete auf dem Mond (mit Überlappungen!), bearbeitet die Filme in möglichst gleicher Art und Weise und setzt die fertigen Bilder dann mit einer Panorama-Software wie ICE zusammen.

Das folgende Mosaik habe ich vor Jahren von der Region um den Krater Copernicus erstellt.

Im gleichen Jahr bin ich mit der Kamera dem Mondterminator von Nord nach Süd gefolgt. Das Ergebnis sehen Sie hier:

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