Deep Sky Fotografie - Aufnahmetechnik - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Aufnahmetechnik
Es gibt kaum etwas, das so kompliziert und zeitaufwändig ist, wie die Deep Sky Fotografie. Nur als Vorgeschmack: Um ein gutes Himmelsfoto zu erhalten, sind oft mehr als hundert Einzelbelichtungen nötig.

Die Anforderungen an die Fernrohrnachführung sind ebenfalls gewaltig, vor allem im Vergleich zum visuellen Beobachten.
Die Voreinstellungen
Man sollte die Himmelsfotos nach Möglichkeit im RAW-Format abspeichern, nicht im komprimierten JPG-Format: Das erleichtert die spätere Bildbearbeitung sehr.

Die in der Kamera eingebaute Rauschunterdrückung schaltet man ab, wenn man selbst die entsprechenden Darks (siehe unten) anfertigt. Hat man das nicht vor, lässt man sie eingeschaltet.

Dass man zumindest ein aufgeladenes Reserveakku bereithält, versteht sich von selbst. Alternativ kann man die Kamera über einen Akku-Dummy auch von außen mit Strom versorgen.
Zunächst muss man natürlich erst einmal scharfstellen - z. B. mithilfe einer Bahtinov-Maske. Ist man im Fokus, geht die eigentliche Foto-Session los.

Ein externer Timer ist dabei sehr hilfreich. Andererseits lassen sich die Auslösungen der Spiegelreflexkamera auch vom Computer bzw. Notebook aus steuern, was deutlich bequemer ist.
Mit Stacking gegen das Rauschen
Neben der Lichtverschmutzung ist Rauschen der Hauptfeind der Deep Sky Fotografie. Rauschen besteht aus mehreren Komponenten, die man grob in heiße Pixel, kamerabedingte Rauschmuster und stochastisches Rauschen teilen kann.

Gegen die heißen Pixel und die regelmäßigen Rauschmuster helfen lichtlose Dunkelbilder (Darkframes genannt). Sie besitzen ein sehr ähnliches Rauschmuster wie die eigentlichen Objektaufnahmen (Lightframes genannt) und werden von diesen abgezogen. Damit ist das regelmäßige Rauschmuster mehr oder weniger weg.

Gegen das zufällige, stochastische Rauschen - es steigt mit höherer ISO-Einstellung - hilft dieser Trick nicht. Denn der Zufall erzeugt auf jedem einzelnen Lightframe, jedem Darkframe, jedem Bias-Frame und jedem Flatframe zusätzliche, jeweils andere Rauschstrukturen! Hier macht man das, was man auch im Alltag gern bei streuenden Werten tut: Man bildet eine Art Mittelwert (wir übergehen einstweilen die Tatsache, dass es verschiedene Arten von "Mittelwert" gibt, z.B. Durchschnitt, Median, usw.)

Deshalb werden jeweils viele Lightframes, Darkframes, Bias-Frames und Flatframes angefertigt. Bei den Darks, Flats und Biases ist die nachfolgende Mittelwertbildung einfach: Sie mündet in ein "gemitteltes" Masterdark, ein "gemitteltes" Masterflat und ein "gemitteltes" Master-Bias.

Bei den Lightframes ist es komplizierter. Hier müssen vor der Mittelwertbildung erst die Sterne passgenau übereinader gelegt werden. Jedes Foto ist gegenüber den anderen ein klein wenig verschoben und verdreht. Diese Variationen werden beim sogenannte Registrieren ermittelt.

Letztlich ist es, als wolle man einen Bilderstapel formen. Man nennt diesen Prozess daher Stacking (stack, engl. Stapel, Stoß). Astronomische Stacking-Programme ermöglichen ihn.   


Jede Deep Sky Himmelsaufnahme besteht also aus vier Sätzen von Fotos:

    • Lightframes: Aufnahmen des Objekts selbst
    • Darkframes: Aufnahmen mit aufgesetztem Objektivdeckel
    • Bias-Aufnahmen: Fotos mit kürzestmöglicher Verschlusszeit
    • Flatframes: Aufnahmen einer gleichmäßig beleuchteten Fläche
Hier ein paar Tipps:
Lightframes
Hier macht man mehrere Aufnahmen mit eher hoher ISO-Zahl und langer Verschlusszeit. Die Genauigkeit der Teleskopnachführung und andere Faktoren setzen den Belichtungen Grenzen.
Darkframes
Unmittelbar davor oder danach macht man selbes wie oben, allerdings mit aufgesetzem Objektivdeckel (wichtig: gleiche Belichtungszeit, gleiche ISO-Zahl, gleiche Temperatur).
Bias-Aufnahmen (auch Offsets genannt)
Nicht nur der CCD-Chip, auch der Kameraprozessor rauscht. Daher folgen Fotos mit der kürzest möglichen Belichtungszeit. Die ISO-Zahl muss gleich sein wie oben.
Flatframes
Das Bildfeld ist niemals völlig gleichmäßig ausgeleuchtet. Daher hält man eine graue Fläche (z.B. den blauen Himmel am Folgetag in monochromer Kameraeinstellung) fest. ISO-Zahl: gleich wie bei Bias.

Die ISO-Zahl soll bei den Flatframes (auch Flatfields genannt) gleich sein, die Temperatur spielt keine Rolle mehr. Allerdings muss die Kamera in exakt derselben Position stehen wie bei den Lightframes. Auch am Fokusknopf darf nicht gedreht werden. Am besten ist es daher, man schießt die Flatframes sofort im Anschluss an die anderen Aufnahmen. Ich verwendete früher dazu meinen LED-Leuchttisch (5V) und wechselte dann auf eine Flatfield-Box (12V). Besser wäre ein Flatfield-Folie.

Manche Himmelsfotografen fertigen auch noch Darkflats (auch Flat Darks genannt) an. Das sind gewissermaßen Flats mit aufgesetztem Objektivdeckel: Gleiche ISO-Zahl, gleiche Belichtungszeit wie bei den Flats - nur dass diesmal kein Licht zum Sensor dringen darf.

Noch ein Wort zur Temperatur: Liest man diese aus den EXIF-Daten aus, ist bei einer DSLR ein deutlicher Anstieg während der Belichtungsserie zu erkennen. Die aktive Kamera erwärmt sich weitgehend unkontrollierbar, z.B. von 8 auf 15 Grad C in einer halben Stunde. Damit steigt auch das Rauschen. Man kann höchstens "Temperaturexzesse" vermeiden, in dem man den Kameramonitor abschaltet und den LiveView-Modus nur kurz verwendet.

Falsch temperierte Darks schaden. Daher verzichten manche Amateure bei langen Belichtungen darauf und "dithern" ihre Aufnahmen. Hier wird die Ausrichtung jeweils nach ein paar Lightframes in eine zufällige Richtung verschoben, freilich nur um wenige Pixel. Das reduziert fixe Noise-Muster im Bild. Man kann auch dithern und Darks (korrekter Temperatur) anfertigen.
Noch ein Wort zu den Darkframes: Da darf wirklich kein Licht ins Teleskop einfallen. Überprüfen Sie Ihren Objektivdeckel. Meiner lässt bei genauer Betrachtung tatsächlich Licht (und wohl auch Staub) durch. Hier ist Basteln angesagt.
Geht's auch einfacher?
Wer das alles sehr kompliziert findet, hat absolut recht. Spezielle Software macht das Verfahren zwar nicht einfacher, systematisiert aber die Arbeitsschritte. Zur Steuerung von Canon-Kameras empfiehlt sich etwa APT (Astro Photography Tool). Hier lassen z.B. ganze Pläne für Lightframes, Darkframes, Bias-Aufnahmen und Flatframes anlegen und dann per Klick abrufen. APT kann sogar Teleskope steuern (Hinweis zum Troubleshooting).

Fast so komplex wie die Aufnahmetechnik ist auch die Bearbeitung der Bilder.
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