Elektronisch assistierte Astronomie - aktiv
Live View: Software fürs Betrachten in Echtzeit
Anders als in der Astrofotografie wird in der EAA ein Live-Bild mitverfolgt. Der Monitor zeigt, was die Cam gerade sieht.APT
In der bei Astrofotografen beliebten Teleskop- und Kamerasteuerungssoftware APT geschieht dies durch Drücken des Buttons Live View. APT kommt mit DSLRs und CCD/CMOS-Cams zurecht. Die Freeware-Version läuft zeitlich unbegrenzt und besitzt kaum Einschränkungen, die lizenzierte ist überaus preisgünstig. APT bietet zahlreiche Einstellmöglichkeiten, um das Monitorbild zu verbessern. Die sind allerdings verstreut.Die Zahl der für den Live View integrierten Kamerabilder wird unter Tools / APT Settings / Advanced / LV Stack Count definiert. Im Reiter Img lassen sich unter Preview Effects unter anderem Kontrast, Helligkeit, Schärfe und Bildinvertierung regeln. Streching geschieht über einen Button im Histogramm. Beim Einsatz von CMOS-Cams öffnet sich nach dem Anklicken des Buttons Live View außerdem ein Fenster namens LV Settings.

FIRE CAPTURE
Die CMOS-Steuerungssoftware FireCapture erlaubt es ebenfalls, das Kamerabild live mitzuverfolgen. Dabei lassen sich Parameter wie Gain, Belichtungszeit, Gamma, Binning, FPS oder Offset einstellen. Auf Wunsch blendet FireCapture Ephemeriden oder einen Zeitstempel ein. Durch Drücken der Recording-Taste wird das Gesehene aufgezeichnet.Ich verwende APT und FireCapture gern zusammen: APT für die Teleskop- und die DSLR-Steuerung, FireCapture für die CMOS-Kamera. Vermeiden sollte man, mit beiden Programmen gleichzeitig auf diese Cam zuzugreifen.
SHARPCAP
SharpCap (UK) bietet ähnliche Funktionen wie FireCapture und APT, inklusive Teleskopsteuerung. Es macht einen ordentlichen Eindruck. Mit meiner Zwo Asi 678MC kommt es zurecht, nicht aber mit meiner Canon DSLR - angeblich wegen eines ASCOM-Treiber-Problems. Das ist angesichts der vielen Einstellmöglichkeiten schade.
Live Stacking
Eine andere Strategie ist das sogenannte Live Stacking. Hier beobachtet die Software z.B. einen Ordner, in dem nach und nach Aufnahmen eines Himmelsobjekts landen. Anstatt - wie bei der Astrofotografie üblich - zu warten, bis alle Fotos im Kasten sind, wird hier schon ab der zweiten Belichtung zu stacken begonnen. Zuvor erstellte Kalibrierungsaufnahmen (Darkframes, Biasframes, Flatframes) zieht die Software auf Wunsch ab.Das Bild am Monitor bietet mit der Zeit immer mehr Einzelheiten. Aber nicht jede Software verwirft qualitativ minderwertige Aufnahmen: So geht das Live Stacking zwar schneller von statten, doch die Qualität leidet - Sterne werden z.B. immer dickere Batzen.Auf die in der Astrofotografie nachträglich angewandte Bearbeitung des Summenbilds wird beim Live Stacking verzichtet. Bewahrt man die Originalbilder (Lightframes) unverfälscht auf, ist nach dem Live Stacking aber auch traditionelles Stacking mit besserem Ergebnis möglich.Live Stacking Software für Deep Sky Aufnahmen
DEEP SKY STACKER LIVEmitgelieferte DateiDeepSkyStackerLive.exe gestartet

Das Programm mit dem seltsamen Namen übernimmt alternativ zum genannten Modul das Live Stacking im Zusammenspiel mit dem Deep Sky Stacker. Es offeriert wesentlich mehr Einstellmöglichkeiten, wie der folgende Screenshot ahnen lässt

SHARPCAP (UK)
Diese Software verspricht Live Stacking für CCD/CMOS-Cams und ASCOM-fähige DSLRs. Bei Deep Sky Objekten soll das auch in der kostenlosen Version klappen.
Live Stacking Software für Fotos der Mondoberfläche und Planeten
ist ein Plugin für das beliebte CMOS-Steuerungsprogramm FireCapture. Man stellt dessen jar-Datei ins Verzeichnis plugins/x64/myplugins von FireCapture und ruft es dann über die Schaltfläche Vorverarbeitung auf. Das Live Stack Bild befriedigt mich allerdings überhaupt nicht. Habe ich die Einstellmöglichkeiten nicht begriffen?

Peaanuts: Das Live Stack Bild des Jupiter (links) überzeugt mich nicht. Ganz rechts das Live Bild
SHARPCAP (UK)Die schon weiter oben erwähnte Software schafft Live Stacking für CCD/CMOS-Cams und ASCOM-fähige DSLRs. Bei Mond und Planeten ist dafür die Pro-Version erforderlich (17 Euro pro Jahr; Stand April 2025).

SharpCap: Ein brauchbares Live Stack Bild mit Schärfefunktion
Binning, ISO/Gain und Belichtungszeit
Wie in der Astrofotografie ist man oft bemüht, die Empfindlichkeit der Cam zu erhöhen. Dazu schraubt man das Gain bzw. den ISO-Wert höher oder verlängert die Belichtungszeit. Auch das Zusammenschalten mehrerer Pixel hilft: Man spricht dann vom Binning. Außerdem ergeben z.B. jeweils erst 5 zusammen addierte Bilder ein rasch wechselndes Live View Bild.Mit der empfindlichen Planetenkamera Zwo Asi 678MC am 8 Zoll Schmidt-Cassegrain-Teleskop sehe ich unter Ausnützung solcher Tricks am PC-Monitor sogar live den Saturnmond Hyperion - obwohl dieser schwächer ist als 14 mag. Visuell am Teleskop hätte ich in Wien hier nie eine Chance.Am Rand des jungen Erdmonds erkenne ich noch Sterne, die kaum 11 mag erreichen. Entsprechend viele Sternbedeckungen sind erfassbar. Sie können auch am Bildschrim mitverfolgt und gestoppt werden.Ich ziehe allerdings die nachträgliche Auswertung der mit einem Zeitstempel versehenen Video-Frames vor.

Monitorbild: Ein schwacher Stern am vom Erdschein aufgehellten Mondrand
TeleskopWie bei der Astrofotografie kommt es aufs Himmelsobjekt an:Für Deep-Sky-Aufnahmen oder Mond-Übersichtsfotos wählt man vergleichsweise kurzbrennweitige Teleskope mit kleiner Öffnungszahl (z.B. 5 oder 8). Für Planeten oder lunare Detailaufnahmen zieht man ein eher langbrennweitiges Teleskop mit großer Öffnungszahl vor (z.B. 10 oder 16).
Teleskopisches Zubehör: Zwischenlinsen und FilterWie in der Astrofotografie wird die Brennweite eventuell mit Zwischenlinsen verändert. Um sie zu verringern, dienen Shapleylinse, Focal Reducer bzw. Telecompressor. Barlowlinse bzw. Telekonverter verlängern die Brennweite. Entsprechend vermindert bzw. erhöht sich die Öffnungszahl. Eine Verdoppelung der Brennweite z.B. reduziert die Lichtstärke bei flächigen Himmelsobjekten auf ein Viertel.Wie in der Astrofotografie erhöhen Filter den Kontrast oder mindern die Lichtverschmutzung. Schmalbandfilter kosten allerdings viel Licht. IR-Sperrfilter sind nötig, falls man IR-empfindliche Cams zusammen mit Objektivlinsen oder den genannten Zwischenlinsen einsetzt.
MontierungWie in der Astrofotografie ist eine automatische Nachführung praktisch unumgänglich. Autoguiding ist hier aber nicht unbedingt nötig. Bei eher kurzen Belichtungszeiten reicht außerdem eine azimutale Aufstellung.
Computer und MonitorBeim Notebook ist der Monitor integriert, bei PCs mittels HDMI anzuschließen. In der Astrofotografie braucht man ihn während der Arbeit meist nur zum Einstellen der Teleskop-Position, der Schärfe oder der Belichtungszeit. In der EAA ist er hingegen ein wesentliches Element, um das Himmelsereignis live mitverfolgen zu können.Bequem ist der Betrieb von zwei Monitoren gleichzeitig: Einer dient dann zur Teleskop- und Kamerakontrolle, der andere fürs Kamerabild.Fernsehgeräte reichen eventuell, wenn die Cam einen entsprechenden Video-Ausgang besitzt.

Zwei Monitore sind von Vorteil
KameraWie in der Astrofotografie wird anstatt des Okulars eine Kamera ins Teleskop gesteckt oder an ein passendes Fotoobjektiv montiert. Gelegentlich kommen auch analoge Video-Kameras zu Einsatz, meist aber digitale Cams:
- entweder eine DSLR mit LiveView-Funktion (für den Mond oder Deep Sky Objekte)
- oder eine dezitierte Astro-Cam (für Planeten, Monddetails oder Deep Sky Objekte)
- sogenannte elektronische Okulare sind ebenfalls CCD/CMOS-Cams höchst unterschiedlicher Empfindlichkeit und Auflösung; neuere Modelle senden ihre Bilder ans Smartphone

Die Asi 678MC ist eine empfindliche Planetenkamera
Ein großer Sensor erleichtert das Aufsuchen von Himmelsobjekten sehr, wie die Erfahrung zeigt.
Man kann danach in der Software immer noch einen kleineren Ausschnitt (Region of Interest, ROI) wählen, um eine schnellere Bildrate (FPS) zu erzielen.
Bei Deep Sky Objekten zieht man Cams hoher Lichtempfindlichkeit vor.
Bei Mond- und Planetenfotos sind hingegen Cams mit möglichst kleinen Pixeln gefragt (z.B. 2,2 Mikrometer).
Fokussierung
Steht der Monitor nahe am Teleskop, lässt sich mit Blick darauf händisch fokussieren. Falls nicht, muss der sportliche Fernrohrbesitzer mit der Methode Trail & Error arbeiten - und ein Dutzend mal zwischen Kamera und Monitor hin und her laufen.
Praktischer ist ein ferngesteuerter, elektrischer Focusser (wie auf dem Bild oben). Damit erfolgt das Scharfstellen zudem erschütterungsfrei.Eine Bahtinovmaske erleichtert das Fokussieren bei punktförmigen, sternartigen Objekten. Bei flächigen Objekten wie Mond oder Planeten orientiert man sich an möglichst kleinen Oberflächendetails.
InternetanbindungWill man das Monitorbild einer größeren, nicht vor Ort anwesenden Personenanzahl zur Verfügung stellen, kann man dieses live ins WWW streamen - samt gesprochenem oder geschriebenem Kommentar. Eine entsprechende Website:
- www.nightskiesnetwork.com (USA) - bitte Datenschutzproblematik beachten
Hier kann man auch die EAA-Streams anderer Amateure mitverfolgen, also passiv EAA betreiben.

Smart Telescopes mit Live Stacking am Smartphone
Mittlerweile gibt es sogenannte Smart Telescopes, die einen bequemen Einstieg in die Astronomie versprechen. Sie erheben die EAA zum eigentlichen Betriebskonzept. Produktpalette und Leistungsfähigkeit werden in den kommenden Jahren zweifellos wachsen.Diese einfach zu bedienenden, hochtransportablen und überaus kompakten Geräte verzichten völlig auf den Okularauszug - weshalb die Bezeichnung Teleskop Stirnrunzeln hervorrufen mag: Denn das Durchschauen (altgriechisch: skopeín) ist damit nicht möglich. An Stelle eines auswechselbaren Okulars ist fix ein Kamerasensor verbaut.
Die eingefangenen Deep Sky Bilder werden ans Smartphone übertragen, wo Live Stacking nach und nach ein Summenfoto aufbaut. Aufnahmen im RAW-Format lassen sich später aber auch selbst mit einschlägiger PC-Software wie Siril stacken und bearbeiten.

Siril bietet auch ein Makro für Seestar-Fotos (Screenshot zur Verdeutlichung leicht verändert)
Preisgünstig sind die Modelle Seestar 30 und Seestar 50 (China) von Zwo Asi (550 bzw. 700 Euro; Stand April 2025). Es gibt auch wesentlich teurere Instrumente. Die Aufnahmequalität kann ich nicht beurteilen, da ich bislang nur publizierte Fotos im Smartphone-Format sah.
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