Atmospheric Dispersion Corrector - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Atmospheric Dispersion Corrector
Die Planeten Mars, Saturn und zunehmend auch Jupiter werden in den nächsten Jahren in nur geringer Himmelshöhe zu sehen sein. Dort ist nicht nur die Luftunruhe stärker - man handelt sich unter anderem auch ein anderes Problem ein, das die Aufnahmequalität beeinträchtigt.
Unsere Lufthülle bricht das Licht der Himmelskörper ein wenig nach oben. Je tiefer sie über dem Horizont stehen, desto ausgeprägter ist dieser Effekt. Dabei ist es wie beim Prisma: Blaues Licht wird stärker gebrochen als rotes.
Man sieht es schon am Monitor: Bei hoher Vergrößerung zeigen die Planeten unten einen roten, oben einen blauen Rand.

Das verrät uns: Die unterschiedlichen Wellenlängen (vulgo "Farben") werden nicht exakt zur Deckung gebracht.
Sie sind vielmehr etwas zu einander verschoben. Damit leidet aber auch die Schärfe der Aufnahme.
Einfaches Wegrechnen hilft - wenigstens teilweise
Mehrere Bildbearbeitungsprogramme bieten die Möglichkeit, die verschobenen Farben mathematisch wieder in Deckung zu bringen. Autostakkert macht dies auf Wunsch automatisch. Registax schlägt eine Verschiebung vor, die man verwerfen, übernehmen oder verändern kann. Das ist sehr bequem.

Allerdings lässt sich die gesunkene Aufnahmeschärfe mit diesen nachträglichen Maßnahmen nicht mehr völlig wiederherstellen. Besser wäre es, der atmosphärischen Dispersion schon gegenzusteuern, bevor das Licht die Kamera erreicht.
Zaubertricks mit Prismen

Da der störende Effekt durch eine prismatische Wirkung entsteht, lässt er sich mittels Prismen auch wieder einigermaßen "wegzaubern".  Dieses Kunststück schafft ein Atmospheric Dispersion Corrector (ADC). Darin sind zwei gegeneinander verdrehbare Prismenscheiben verbaut, deren Stellung durch zwei Schieber angepasst werden muss.

Das Gerät wird direkt vor die Kamera gesetzt, wobei die Kamera wohl mit einem UV/IR-Sperrfilter ausgestattet sein sollte. Sinnvoll ist der Einsatz aber erst bei langen Brennweiten (fotografisch) bzw. hohen Vergrößerungen (visuell).
Ich habe Ende Juni 2017 diesen preisgünstigen ADC von Zwo bestellt, und zwar bei Teleskop-Austria. Am Tag des Eintreffens machte ich - bei eher mäßigem Seeing - einen Vergleichstest. Saturn stand dabei knapp 20 Grad hoch und nahe vor seiner Südstellung.

Eine Anleitung war nicht dabei. Nach langen Versuchen und dem Hinweis des Händlers auf die ausgezeichnete Website von Martin Lewis erkannte ich, wie man das Gerät korrekt ausrichtet.
Die im Bild gezeigte Symmetrielinie muss in Richtung der Horizontalen (nicht, wie ich zuvor annahm, der Vertikalen) weisen. Anhand der Symmetrielinie richtet man anschließend den Ring mit der weißen Schraube aus.

Damit die beiden eingebauten Prismen wissen, wo die Horizontale ist, muss ich den ADC am Teleskop rotieren. In meinem Fall hat die weiße Schraube waagrecht nach rechts zu zeigen (bei Teleskopen anderer Bauart womöglich waagrecht nach links). Bei Newton-Teleskopen muss man gänzlich anders verfahren.
Nun ermittelt man die Stärke der nötigen Korrektur. Dazu verstellt man die beiden Schieber, und zwar immer spiegelgleich zur Symmetrielinie bzw. Horizontalline:

Zeigt die weiße Schraube nach rechts, wird der fernrohrseitige Schieber ebenso weit nach unten geschoben wie der kameraseitige nach oben.

Zur Kontrolle dienen die Farbränder am Monitor. Um sie besser zu sehen, mag man kurzzeitig die Helligkeit anheben (höheres Gain oder längere Belichtungszeit), ebenso die Farbsättigung.
Schließich sollte das Bild am Monitor möglichst frei von Farbrändern sein.



Der ADC als Herausforderung


  • Leider wandert das Objekt beim Drehen an den Reglern rasch aus dem Bildfeld. Außerdem wackelt es durch die Erschütterung auch noch. Beides macht das Einstellen mühsam. Bleibt das Setup gleich (Brennweite, Kameraabstand) kann man die als ideal empfundenen ADC-Einstellungen beim nächsten Mal übernehmen - allerdings nur, wenn sich die Höhe des Objekts über dem Horizont nicht allzu viel ändert. Je niedriger sein Stand, desto kritischer wird auch jede Änderung.

  • Übrigens hängt die Stärke der Korrektur auch vom Abstand des ADC zum Kamerasensor ab (da ließe sich eventuell ein helikaler Fokussierer zweckentfremden, oder ?)

  • Weil der ADC um rund 6,5 cm aufträgt, steigt die Brennweite meines Schmidt-Cassegrain-Teleskops um 9%. Der Lichtverlust durch das Prismenpaar verlängert außerdem die Belichtungszeit ein wenig (in meinem Fall z.B. von 1/15 auf 1/13 sec).
  • Die Ausrichtung an der Horizontallinie ändert sich für altazimutale Teleskope nie, bei parallaktisch montierten Geräten hingegen schon. Am geringsten fällt die fortwährende Änderung rund um die tägliche Kulminationszeit eines Objekts aus. Das ist sowieso der günstigste Termin fürs Fotografieren, weil Objekte nun ihren höchsten Stand erreichen. Bei der Mond- und Planetenfotografie ist der freie Blick Richtung Süd daher von großem Vorteil.  

  • Der ADC führt laut Martin Lewis leider einen Bildfehler ein. Diese Aberration fällt umso störender aus, je stärker die Prismen gegeneinander verdreht werden. Bei besonders tiefstehenden Objekten ist der Nachteil größer als der Vorteil. Die genaue Grenze wird auch vom spektralen Verhalten der Kamera beeinflusst. Näheres hier: Bei meinem Setup läge die Untergrenze des sinnvollen Einsatzes demnach bei etwa 10 Grad Himmelshöhe.
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