Fotografische Kenngrößen - Dr. Christian Pinter - Fototipps

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Kenngrößen beim Fotografieren
Lichtsammelleistung der Optik (Teleskop oder Objektiv)

  • Flächig abgebildete Objekte:

In der Alltagsfotografie haben wir es praktisch immer mit solchen zu tun. In der astronomischen Fotografie zählen dazu z.B. der Mond oder Himmelsnebel. Für die Lichtsammelleistung ist hier das Öffnungsverhältnis (N) entscheidend:

  • N = Brennweite / Öffnungsdurchmesser

Ein Teleskop mit 100 mm freier Öffnung und 1000 mm Brennweite besitzt eine Öffnungszahl von 10. Das entspräche der Blendenzahl 10 bei Kameraobjektiven. Je kleiner diese Zahl, desto heller werden flächige Objekte abgebildet. Ein Öffnungsverhältnis von 5 ist nicht doppelt, sondern viermal lichtstärker als eines von 10, eine Blende von 5.6 liefert ein viermal helleres Bild als die Blende 11.

  • Punktförmige abgebildete Objekte:

Dazu zählen Fixsterne oder Planeten bei kurzen Brennweiten. Hier ist theoretisch bloß die freie Objektivfläche entscheidend. Sie wächst mit dem Quadrat des Objektivdurchmessers. Ein Teleskop mit 10 cm Öffnung bildet Sterne nicht nur doppelt, sondern viermal heller auf dem Sensor ab als eines mit 5 cm. Ein Objektiv mit Blende 5.6 bildet einen Stern viermal heller ab als mit Blende 11.

Man kann den optisch wirksamen Durchmesser eines Objektivs berechnen:

      • Durchmesser (mm) = Brennweite (mm) / Blendenzahl

Ein 135 mm Tele mit Blendenstellung 2,8 besitzt somit einen Objektivlinsendurchmesser von 48 mm, mit Blende 11 beträgt der wirksame Durchmesser nur noch 12 mm.
Blende

Die Definition lautet: Blendenzahl = Brennweite / wirksamer Öffnungsdurchmesser des Objektivs

Teleskope haben fast immer einen festen Öffnungsdurchmesser, den man nicht verändern wird. Dies gilt auch für Spiegelteleobjektive.

Hingegen besitzen linsenbesetzte Kameraobjektive fast immer einen Blendenring. Damit lässt sich die wirksame Öffnung einstellen. Die aufgedruckten Zahlen sind eigentlich Reziprokwerte (genau genommen müsste z.B. "1/2.8" statt bloß "2.8" drauf stehen). Daraus folgt: Kleine (also enge, "geschlossene") Blenden besitzen große Zahlen (wie z.B. 11, 16, 22). Große (also weit geöffnete, "offene") Blenden besitzen kleine Zahlen (wie 2, 2.8, 4 oder 5.6).

Zwischen den Blendenzahlen 2 - 2.8 - 4 - 5.6 - 8 - 11 - 16 - 22 (offen nach geschlossen) liegt jeweils eine ganze Blendenstufe. Man spricht hier von der Blendenreihe. Von Stufe zu Stufe wird der wirksame Objektivdurchmesser um die Wurzel aus 2 erhöht bzw. verringert, was sich in einer Verdopplung bzw. Halbierung des wirksamen Eintrittsfläche äußert. Die Veränderung um eine Blendenstufe resultiert somit in der Verdopplung bzw. Halbierung der Bildhelligkeit.

Stellt man von 8 auf 11, halbiert sich die Bildhelligkeit. Stellt man von 8 auf 4 vervierfacht sich diese.

Weil randnahe Lichtstrahlen weniger exakt im Brennpunkt vereint werden, ist die Abbildungsqualität bei offener Blende (z.B. 2, 2.8) schlechter. Bei geschlossener Blende (z.B. 16, 22) können Beugungserscheinungen am Blendenrand die Abbildungsqualität ebenfalls verringern.
ISO-Zahl

Die ISO-Zahl gibt heute die Vorverstärkung durch die Kameraelektronik an. Es besteht ein linearer Zusammenhang: Die doppelte ISO-Zahl ergibt eine zweifache, die vierfache ISO-Zahl eine vierfache Helligkeit des Bilds. Von ISO 100 auf ISO 1600 gestellt, hat man es also mit dem 16fachen der Bildhelligkeit zu tun - und erkauft sich damit leider auch ein deutlich verstärktes Rauschen.
Belichtungszeit

Je länger man belichtet, desto mehr Photonen werden vom Sensor eingefangen. Anders als bei der analogen Fotografie ist der Zusammenhang im digitalen Zeitalter linear (außer bei krasser Unter- bzw. Überbelichtung). Doppelte Belichtungszeit ergibt ein doppelt so helles Bild, vierfache Belichtungszeit ein viermal so helles.  
Eine Dreiecksbeziehung: Belichtungszeit - ISO - Blende

Anstatt doppelt oder viermal so lange zu belichten, kann man auch die ISO-Zahl doppelt oder viermal so hoch einstellen. Die Bildhelligkeit bleibt dann gleich. Um selbiges nur mit der Blendeneinstellung zu schaffen, muss man die Blende um eine bzw. zwei ganze Blendenstufen öffnen - also z.B. von 8 auf 5.6 (Verdoppelung der Bildhelligkeit) oder auf 4 stellen (Vervierfachung der Helligkeit).

Die Größen Belichtungszeit, ISO-Zahl und Blende leben gewissermaßen in einer Dreiecksbeziehung. Variiert man eine Größe, muss man bei einer andern (oder beiden anderen) nachjustieren, um die gleiche Bildhelligkeit zu erhalten.
Schärfentiefe

Die Schärfentiefe spielt in der Astronomie an sich keine Rolle, da sich alle astronomischen Motive in extrem großer Distanz befinden - aus Sicht der Kamera quasi im Unendlichen.

Nur wenn man astronomische Objekte gemeinsam mit irdischen festhalten möchte, also z.B. Sterne oder Planeten mit nahen Bäumen, wird man sich über die Schärfentiefe Gedanken machen müssen.

Man erreicht Schärfentiefe am leichtesten mit kurzen Brennweiten (also Weitwinkelobjektiven) und tendenziell geschlossener Blende. Es hilft, wenn sich der Abstand der abzubildenden Objekte möglichst wenig unterscheidet: Die oben beispielhaft genannten Bäume sollten also eher weit von der Kamera abstehen.
Sensorgröße

Kleinbildfilm besaß die Maße 36 x 24 mm (diagonal: 43 mm).
Das gilt auch für digitale, wenngleich teure Vollformatkameras.

DSLRs von Canon haben meines Wissens oft APS-C Senoren verbaut:
22,2 x 14,8 mm (diagonal 26,7 mm).

Astronomische CCD-Kameras verwenden unterschiedliche Sensorgrößen. Der Sensor der NexImage 5 von Celestron misst z.B. gerade einmal 5,7 * 4,3 mm.
Bildfeld

Das Bildfeld (also der Bildwinkel) eines Objektivs bestimmt, wie groß Himmelsobjekte sein dürfen, um sie noch mit einer einzelnen Aufnahme komplett einzufangen. Das Bildfeld hängt im Idealfall und bei sehr weit entfernten Objekten bloß von der Brennweite (f) und der Sensorgröße (siehe oben) ab.

Die Formel lautet bei sehr weit entfernten Objekten jedenfalls:

  • Bildwinkel (°) = 2 * arctan (Sensorgröße / (2 * Brennweite))

Die arctan-Funktion ist auf Taschenrechnern auch mit "TAN hoch minus 1" markiert.

Hier einige nach obiger Formel berechnete theoretische Beispiele mit dem APS-C Sensor für dessen lange bzw. kurze Kante sowie die Diagonale

f        lange    kurze   diag.
11 mm      91°     68°     101°  
18 mm      63°     42°      76°
28 mm      43°     29°      52°
50 mm      25°     17°      30°
80 mm      16°     11°      19°
135 mm    9,4°    6,3°    11,3°
300 mm    4,2°    2,8°     5,1°
500 mm    2,5°    1,7°     3,1°
1000 mm   1,3°    0,8°     1,5°
2000 mm   0,6°    0,4°     0,8°

Die jeweilige Bauweise eines Objektivs mag diese Idealwerte reduzieren, ebenso der Einsatz von Sonnenblenden bzw. Einschraubfiltern.

Zum Vergleich:  
Bei völlig ausgestrecktem Arm erblicken wir unsere Handspanne unter einem Winkel von grob 20°, die Längsseite der Faust misst grob 10°. Der Vollmond erscheint uns unter einem Winkel von 0,5°.


Sinnvolles Bildfeld und Bildrand

In der Realität wird man das theoretische Bildfeld nicht ganz ausnützen wollen, da Teleskope oder Weitwinkelobjektive am Bildrand deutlich vignettieren (in den Ecken also merklich dunkler abbilden) bzw. verzeichnen (Sterne werden radial verzerrt). Dies tritt bei geöffneter Blende (2, 2.8, 4 ...) stärker zu Tage. In der Deep Sky Fotografie wird die Vignettierung zum Teil mithilfe von Flatframe-Aufnahmen weggerechnet.

Will man die Ausgedehntheit eines Objekts unterstreichen, wird man das Bildfeld damit eher bis hin zum Bildrand ausfüllen. Möchte man die Enge oder Kompaktheit eines Objekts betonen (z.B. bei Sternhaufen), lässt man rund um das Objekt gehörig Platz.
Abbildungsmaßstab

Die Abbildungsgröße auf dem Sensor wird von der Brennweite des Teleskops bestimmt. Formel:

  • Abbildungsgröße = Brennweite * Objekt-Durchmesser (°) * 0,0175

Der Mond (0,5 Grad Durchmesser) wird also selbst bei 2.000 mm Brennweite nur mit einem Durchmesser von 17,5 mm abgebildet, der Jupiter (0,01 Grad) nur mit einem von 0,35 mm.
Auflösungsvermögen

Die theoretische Auflösung, also die "Trennschärfte" eines Teleskops, hängt idealerweise bloß vom Objektivdurchmesser ab. Sie wird in Bogensekunden (") angegeben. Eine Bogensekunde ist der 3600ste Teil einews Winkelgrads. Zum Vergleich: Der Monddurchmesser beträgt um die 1800", der des Planeten Jupiter um die 40". Eine beliebte Formel für grünes Licht lautet:

  • Auflösungsvermögen (") = 120 / Objektivdurchmesser (mm)

Ein Teleskop mit 100 mm Öffnung besäße demnach eine Auflösung von 1,2" - im grünen Licht. Für tiefblaues Licht ist die Auflösung besser, für tiefrotes schlechter. In der Praxis wird das Auflösungsvermögen auch noch von der Luftunruhe (Seeing) begrenzt. Die lässt jedes Gestirn in chaotischer Weise unter anderem hin- und hertanzen.

Ob man die theoretische Auflösung auch fotografisch erreicht, hängt außerdem von der Pixelgröße des Kamerasensors ab.
Erdrotation begrenzt Belichtungszeit - relative Effizienz von Objektiven

Astronomische Aufnahmen bedingen eine Nachführung der Kamera, um die Erdrotation auszugleichen. Fehlt diese, muss man sich mit sehr kurzen Belichtungszeiten begnügen. Näheres zu deren Berechnung hier.

Die Fähigkeit, während dieser begrenzten Belichtungszeit punktförmige bzw. flächige Himmelsobjekte abzubilden, ist vor allem von der Brennweite und der Linseneintrittsfläche bzw. dem Öffnungsverhältnis (Blende) des Objektivs abhängig. Deshalb besitzen Objektive bei Fotos ohne Nachführung eine relative Effizienz, die sich berechnen lässt. Näheres dazu lesen Sie ebenfalls hier.
Adapter

Adapter sind rein mechanische Einrichtungen, um das Kameragehäuse an einen Teleskoptubus anzukoppeln (z.B. vom T2-Gewinde auf Canon-Bajonett). Adapter müssen stabil sein und dürfen die optische Achse keinesfalls knicken - ansonsten müsste man z.B. für den oberen Bildrand anders fokussieren als für den unteren. Bei Schmidt-Cassegrain-Teleskopen wie den beliebten MEADE SCs verlängert sich übrigens sogar die Brennweite mit der Baulänge des Kameraadapters oder anderer Zwischenringe.

Kameraobjektive besitzen meist schon den passenden Anschluss fürs jeweilige Gehäuse des Herstellers. Bei Fremdobjektiven ist oft aber ein mechanischer Adapter nötig (z.B. vom M42-Gewinde auf Canon-Bajonett). Der darf nicht dick auftragen, weil sich weit entfernte Objekte sonst überhaupt nicht mehr fokussieren ließen. Bei der Himmelsfotografie stellt man Blende und Fokus meist manuell ein; die Übertragung entsprechender elektrischer Signale zwischen Kamera und Objektiv ist daher unnötig.
Konverter

Anders als Adapter besitzen Konverter eingebaute Linsenkombinationen. Sie reduzieren oder vergrößern die Brennweite. Bei Teleskopen spricht man hier gern von Shapley- bzw. Barlowlinsen. Die beiden sind leicht zu unterscheiden. Blickt man durch eine Shapley-Linse auf ein bedrucktes Stück Papier, erscheint die Schrift vergrößert. Bei einer Barlow-Linse erscheint die Schrift verkleinert. Das ist paradox, da im Teleskop genau der gegenteilige Effekt erzielt wird.

Bei der Fotografie montiert man mitunter Telekonverter zwischen Objektiv und Kameragehäuse. Diese erhöhen die Brennweite und entsprechen somit einer Barlowlinse.

Allerdings verschlechtern zwischengeschaltete Linsen (vom sogenannten "Flattener" abgesehen) die Bildqualität. Es kommt zu Lichtverlust und Reflexionen zwischen den Linsen, die durch spezielle, hauchdünne Beschichtungen gemildert werden.

Außerdem verändert sich mit der neuen Brennweite auch das Öffnungsverhältnis. Eine Shapley-Linse macht das Objekt kleiner und heller, eine Barlowlinse (Telekonverter) hingegen größer und dunkler. Auch hier geht es um die Fläche: Eine Verdoppelung der Brennweite ("Telekonverter 2x") reduziert die Beleuchtung des Sensors ums Vierfache. Um das wett zu machen, muss man also viermal so lange Belichten oder die Blende um zwei ganze Stufen öffnen.
Alle Angaben ohne Gewähr


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