Filmen: Grundsätzliches
Astronomie ist historisch betrachtet eine Beobachtungs- und Messwissenschaft. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gesellte sich die Fotografie hinzu. Die Präsentation von Filmen bzw. Videos spielt meines Wissens bis heute kaum eine Rolle in der wissenschaftlichen Himmelskunde.
Anders ist das im Public Outreach, in der Didaktik, in der medialen Umsetzung: Im TV muss sich ja grundsätzlich alles bewegen, weshalb heute sogar historische Standfotos digital in Bewegtbilder umgewandelt werden - ein Unfug wie ich meine: Demnächst wird man die freigestellten und in Bewegung versetzten Fotofiguren wohl auch noch gestikulieren und sprechen lassen.
Erfahrung mit Grenzen
Meine Erfahrung mit der beobachtenden und fotografischen Astronomie reicht bis in die Siebzigerjahre zurück. Da bin ich firm. Nicht so beim Filmen. Vom Lucky Imaging bei Mond- und Planeten abgesehen (siehe unten unter Ziffer 6), gehöre ich videotechnisch zu den Neulingen.Zwar halte ich gern fest, was ich diesbezüglich gelernt habe: Das erspart dem Leser vielleicht die eine oder andere Sackgasse. Meine Video-Tipps eignen sich dennoch mehr für Anfänger als für erfahrene Amateure.

Im Astro-Amateurbereich macht Videotechnik in folgenden Szenarien Sinn:
1) Dokumentation von sich verändernden Vorgängen in Echtzeit. Hier ist das Video selbst das Ergebnis. Siehe unten: Methode A2) Absichtliche Zeitraffung von zeitlich längeren Vorgängen. Eine Serie von Einzelbildern wird zu einem Video zusammen gesetzt. Siehe unten: Methode C3) Unfreiwillige Zeitraffung bei der Erfassung schwacher Objekte. Da fügt man hunderte länger belichtete Einzelfotos zu einem Video zusammen. Siehe unten: Methode C4) Kontinuierliche Himmelsüberwachung. Dem Video wird ein kurzer Videoausschnitt oder aber ein Einzelframe entnommen. Siehe unten: Methode B5) Ermittlung einzelner Zeitpunkte. Ein oder zwei Frames werden heraus gesucht, deren exakte Uhrzeit notiert. Siehe unten: Methode B6) Lucky Imaging: Man zerlegt das minutenlange Video in eine Serie von Einzelbildern; die besten werden zu einem Summenbild gestapelt. Siehe unten: Methode B
Technisch gibt es also mehrere Methoden:
A) Man filmt, um ein Video zu erhalten (siehe oben, Nummer 1 und 4)B) Man macht Videos, um Einzelbilder zu extrahieren (s.o., Nr. 5 und 6)C) Man schießt Einzelbilder, um ein Video zu erstellen (s.o., Nr. 2 und 3)
Methode A - Video als (eventuell gekürztes) Video
Diese Methode funktioniert bei himmlischen Vorgängen, die mit relativ kurzen Belichtungszeiten (kürzer als 1/25 sec) auskommen. Totale und ringförmige Sonnenfinsternisse lassen sich so dokumentieren - aber nur mit fachgerechtem Schutzfilter zwischen Kameraobjektiv und Sonne, sonst droht Erblindung!Überwachungskameras fangen mit Glück auch einmal einen besonders hellen Meteor ein - ebenso die von ihm erzeugten, rasch über den Boden wandernden Schatten und sogar die Reaktion von Tieren auf solche Ereignisse. Näheres dazu findet man hier und hier. Zum Schneiden und Umwandeln gibt es etliche Tools.
Methode B - Video in Einzelbilder zerlegen
Man kann freilich auch einzelne Himmelsobjekte per Kamera im Auge behalten, um auf bestimmte, vorherberechenbare Ereignisse abzuzielen: Das mag z.B. das Verschwinden oder Wiederauftauchen eines Sterns am Mondrand sein, oder die kurze Bedeckung eines Sterns durch einen Kleinplaneten.In diesen Fällen ist das Video nur ein Hilfsmittel. Es geht darum, daraus die exakten Zeitpunkte solcher Events zu ermitteln. Gelegentlich fängt ein Amateur den nicht vorher berechenbaren Einschlagsblitz eines Kometen auf dem Planeten Jupiter oder auf Saturn ein. Hier kalkuliert man neben dem Zeitpunkt auch die Einschlagsenergie aus den wenigen entsprechenden Videoframes.Außerdem fußt das Lucky Imaging bei der Mond- und Planetenfotografie auf dem Videoprinzip. Näheres dazu gibt es unter anderem hier. Zum Gewinnen der Einzelbilder existieren mehrere Tools.
Methode C - Einzelbilder in Videos verwandeln
Einzelbilder können länger belichtet werden, auch weit über 1/25 sec hinaus. Das ist bei schwachen Himmelsobjekten wie den allermeisten Sternen, der Milchstraße oder z.B. dem Polarlicht unumgänglich. Schweißt man diese Fotos zu einem Video zusammen, ergibt sich ein zumeist unfreiwilliger Zeitraffereffekt.Die Zeitraffung ist mitunter aber auch willkommen, wenn man langsame Veränderungen am Himmel dokumentieren will: Etwa das Spiel der Dämmerung, die Rotation eines Planeten um seine Achse oder das Fortschreiten der Licht-Schatten-Grenze auf dem Mond. Näheres dazu lesen Sie vor allem hier. Es gibt passende Tools.

Über das Dateisystem dieser Site - links, siehe VIDEOTIPPS - finden Sie detaillierte Beschreibungen und Anregungen zu den drei genannten Methoden, samt einer ausführlicheren Diskussion der jeweiligen Anwendungsgebiete.Auf die Software DaVinci Resolve gehe ich ein wenig näher ein. Außerdem liste ich weitere hilfreiche Tools auf.
Alle Angaben ohne Gewähr